Rendezvousberg, Alte Schanzen und Herrenholz als geschichtsträchtige Orte
Aufgrund seiner strategisch guten Lage und der weiten Fernsicht wurde der Bisamberg nach den Napoleonischen Kriegen von der K(u)K Armeeführung in die militärischen Planungen zur Verteidigung von Wien als befestigter Vorposten einbezogen.[1] Im „Deutschen Krieg“ von 1866 wurden dafür 31 Schanzen (genannt „Werke“ [2]) von Langenzersdorf über den Bisamberg und Leopoldau bis in die Lobau hinunter errichtet.[3] Zur Schlacht kam es an diesen Schanzen aber nicht mehr, da bereits zuvor in ein Waffenstillstand und bald darauf Frieden geschlossen wurde.[4]
Auch im ersten Weltkrieg wurden die Schanzen wieder reaktiviert, um Wien vor einem möglichen russischen Angriff zu schützen. Aus dieser Zeit stammt die Ruine eines Munitionslagers im Werk X. Aber auch diesmal kam es hier zu keinen Kämpfen, da die russische Armee in den Karpaten aufgehalten und wieder zurückgedrängt wurden. Die Schanzen Werk X bis Werk XIII sind topographisch relativ gut erhalten und aufgrund der exponierten Lage in der Landschaft weithin sichtbar. Aufgrund der dort lebenden seltenen Flora und Fauna wurden sie am 5. Juni 1981 zum Naturdenkmal erklärt und sind Teil des Natura 2000 Schutzgebietes Bisamberg.[5]
Im Jahr 1938 wurde von der Österreichische Automobil Fabriks-AG (ÖAF, vormals Austro-Fiat) im Herrenholz ein Flugmotoren-Reparaturwerk geplant und errichtet. Wie in vielen Rüstungsbetrieben des nationalsozialistischen Deutschlands wurden auch hier ab dem Jahr 1942 französische Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit verpflichtet.[6] Mit dem Vorrücken der alliierten Truppen geriet auch Wien in die Reichweite der Bombenangriffe und daher wurden auch auf dem Werksgelände einfache Luftschutzeinrichtungen errichtet. Obwohl diese Fabrik den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden hat, ist sie in der Zeit der sowjetischen Besatzung im Zuge eines Unfalls abgebrannt und danach gesprengt worden, sodass heute nur noch kleinere rudimentäre Reste der Gebäude im Wald erhalten sind.
Darüber hinaus finden sich in der unmittelbaren Umgebung noch viele weitere kulturhistorisch und industriegeschichtlich interessante Orte wie die ehemalige Stammersdorfer Lokalbahn[7] (heute befindet sich auf der ehemaligen Bahntrasse der Dampfross-Drahtesel-Radweg[8]), der von Gottfried Kumpf gestaltete Wasserspeicher am Rendezvousberg[9] oder Flurnamen wie Alter Pulverturm (unweit vom Herrenholz)[10], der auf eine mögliche frühere militärische Nutzung hinweist.
Rendezvousberg – Alte Schanzen – Herrenholz – Spurensuche (Langfassung)
[1] Siehe Paul Mitchell, Wiens vergessener Schutzring. Die sogenannten Preußenschanzen, 1866, in: Franz Pieler und Peter Trebsche (Hg.), Beiträge zum Tag der Niederösterreichischen Landesarchäologie 2017. Festschrift für Ernst Lauermann, Asparn/Zaya: Bösmüller Print Management 2017, S. 435.
[2] Siehe Hartwig Neumann, Festungsbaukunst und Festungsbautechnik. Deutsche Wehrbauarchitektur vom XV. – XX. Jahrhundert, in: Architectura militaris, 1, Bonn: Bernard & Graefe 1994.
[3] Siehe Erwin Anton Grestenberger, Befestigtes Wien. Von der römischen Antike bis zur Gegenwart, Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag 2002, S. 64.
[4] Siehe Walter Kleindel, Österreich. Daten zur Geschichte und Kultur,Wien: Ueberreuter 1995, S. 264-268..
[5] Siehe Erwin Anton Grestenberger, Befestigtes Wien. Von der römischen Antike bis zur Gegenwart, Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag 2002, S. 80-81; Barbara Becker und Susanne Leputsch, Vegetation und Flora der Alten Schanzen, in: Heinz Wiesbauer, Herbert Zettel, Manfred A. Fischer und Rudolf Maier (Hg.), Der Bisamberg und die Alten Schanzen: Vielfalt am Rande der Großstadt, Wien 2011, S. 49-56.
[6] Siehe Karl-Heinz Rauscher, Von Fiat Wien zu MAN Nutzfahrzeuge Österreich, Gnas: Weishaupt 2008, S. 134.
[7] Vgl. Alfred Laula und Hans Sternhart, Dampftramway Krauss & Comp. in Wien. Internationales Archiv für Lokomotivgeschichte, Band 20, Wien: Slezak 1974; Otto Leiß, Einmal Stammersdorf – Dobermannsdorf und Umgebung, bitte!, Stockerau: RGM-Verlag 2019; Peter Wegenstein, Wege aus Eisen im Weinviertel, Schleinbach: Edition Winkler-Hermaden 2012; Wiche Parfy, Stammersdorfer Lokalbahn (Band 31 der Schriftenreihe Internationales Archiv für Lokomotivgeschichte), Wien: Slezak 1982.
[8] Vgl. https://www.dampfross-drahtesel.at/.
[9] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Wasserbeh%C3%A4lter_Bisamberg.
[10] Siehe Stadtplan Wien: https://www.wien.gv.at/stadtplan/grafik.aspx?lang=de-AT&bookmark=x6-aPRmbKsEZvIcND-ci14Q-a5Rphlnqnnkur2pH4Oprw-b-b&bmadr=43676515.