
Bereits im Dreißigjährigen Krieg wurde der Bisamberg als militärischer Vorposten zur Verteidigung von Wien genützt und seit den Napoleonischen Kriege wurden Bisamberg und Rendezvousberg aufgrund der strategisch guten Lage von der Armeeführung der Habsburgermonarchie immer wieder als möglicher Ort für befestigte Verteidigungsanlagen für Wien erwogen. Auch wenn die Wiener Stadtmauern im 19. Jahrhundert bereits einen Anachronismus darstellten, so wurde ihre Schleifung ab 1857 immer wieder als Argument für die Errichtung weiter vorgelagerter Verteidigungsanlagen vorgebracht.[1]
Im Vorfeld des Deutschen Krieges gegen Preußen im Jahr 1866 wurde diese Region dann in die konkreten Planungen zur Verteidigung von Wien als befestigter Vorposten einbezogen. Nach der verheerenden Schlacht bei Königgrätz rückten die preußischen Truppen nach Niederösterreich vor und bezogen im Weinviertel und im Marchfeld Stellung.[2]
Die österreichische Heeresleitung lies eine Verteidigungslinie von 31 Schanzen (genannt „Werke“) von Langenzersdorf am nördlichen und nordöstlichen Rand des Bisambergs entlang, über den Rendezvousberg, Leopoldau, Kagran, Hirschstetten und Aspern bis zur damaligen Insel Lobau errichten. Um die Arbeiten möglichst rasch voranzutreiben, wurde auch die Bevölkerung (auch Kinder und Alte) aus den umliegenden Dörfern zwangsverpflichtet. Sie mussten Gräben ausheben, Wälle aufwerfen und Geschützstellungen befestigen.[3] Zuerst wurde der Oberboden abgetragen und das Erdreich zum Aufschütten der Wälle verwendet. Die Verteidigungsanlagen hatten eine Höhe von knapp 3 bis knapp 4 Metern. Die einzelnen Schanzen waren jeweils eigenständige Verteidigungsanlagen, die sich aber gegenseitig deckten.[4]
Während die preußischen Truppen heranrückten, wurde mit Hochdruck an der Fertigstellung der Verteidigungsanlage gearbeitet, die auch durch Laufgräben und Telegrafenleitungen verbunden war.[5]
Außerdem wurden auch noch zwei kleinere Befestigungsringe (Noyau-Werke) um die Brückenköpfe Floridsdorf und Stadlau gebaut.[6]
1866 ist es an den alten Stammersdorfer Schanzen zu keinen Kämpen mehr gekommen, da bereits zuvor in Eibesbrunn ein Waffenstillstand und bald darauf der Frieden von Prag geschlossen wurde.[7]
Auch zu Beginn des ersten Weltkriegs wurden die Schanzen wieder reaktiviert, um Wien vor den erwarteten russischen Truppen zu verteidigen. Aber auch diesmal kam es hier zu keinen Kampfhandlungen, da die russische Armee bei der Winterschlacht in den Karpaten 1914/1915 aufgehalten und wieder zurückgedrängt wurden.[8]
Wälle und Gräben sind noch sehr gut sichtbar und nicht nur für Fachleute als solche erkennbar, aber teilweise sind die alten Verteidigungsanlagen aus dem Deutschen Krieg von 1866 durch neuere Befestigungen und Stellungen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg überformt, was sich heute meist nur noch auf Basis historischer Quellen, aber kaum mehr aufgrund der Geländeformationen unterscheiden lässt.[9]
Optisch sind die Alten Schanzen IX bis XIII als kleine mit Büschen und Bäumen bewachsenen Hügel in der Landschaft gut und weithin sichtbar. Sie stellen ein einzigartiges kulturhistorisches Denkmal des Wandels der Kriegsführung über die Jahrhunderte hinweg dar.[10] Heute bergen sie eine besonders große Vielfalt an seltener Flora und Fauna und sind daher am 5. Juni 1981 zum Naturdenkmal erklärt worden und sind jetzt auch Teil des Natura 2000 Schutzgebietes Bisamberg.[11]
[1] Siehe u.a. Franz-David Eschner, Die Schanzen am Wiener Bisamberg als Teil des Wiener Festungswerkes 1865, Wien: unveröffentlicht 2017, S. 13.
[2] Siehe Paul Mitchell, Wiens vergessener Schutzring. Die sogenannten Preußenschanzen, 1866, in: Franz Pieler und Peter Trebsche (Hg.), Beiträge zum Tag der Niederösterreichischen Landesarchäologie 2017. Festschrift für Ernst Lauermann, Asparn/Zaya: Bösmüller Print Management 2017, S. 435-436.
[3] Siehe Erwin Anton Grestenberger, Befestigtes Wien. Von der römischen Antike bis zur Gegenwart, Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag 2002, S. 71.
[4] Siehe Franz-David Eschner, Die Schanzen am Wiener Bisamberg als Teil des Wiener Festungswerkes 1865, Wien: unveröffentlicht 2017, S. 11-12.
[5] Siehe Erich Hillbrand, Die Befestigungen des Bisamberges in den letzten 100 Jahren, in: Museumsverein Langenzersdorf (Hg.), Rund um den Bisamberg, Wien: Leinmüller 1974, S. 116.
[6] Siehe Erwin Anton Grestenberger, Befestigtes Wien. Von der römischen Antike bis zur Gegenwart, Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag 2002, S. 85-94.
[7] Siehe Walter Kleindel, Österreich. Daten zur Geschichte und Kultur,Wien: Ueberreuter 1995, S. 264-268; Helmut Rumpler, Österreichische Geschichte, 1804–1914. Eine Chance für Mitteleuropa. Bürgerliche Emanzipation und Staatsverfall in der Habsburgermonarchie, Wien: Ueberreuter 1997, 397-401. Eine Gedenktafel zum Waffenstillstand befindet sich am Haus in der Brünner Straße 1 in Eibesbrunn.
[8] Siehe Erwin Anton Grestenberger, Befestigtes Wien. Von der römischen Antike bis zur Gegenwart, Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag 2002, S. 80-81.
[9] Vgl. Marcello La Speranza, Burgen, Bunker, Bollwerke, Graz u.a.: Stocker 2004, S. 173.
[10] Siehe Franz-David Eschner, Die Schanzen am Wiener Bisamberg als Teil des Wiener Festungswerkes 1865, Wien: unveröffentlicht 2017, S. 14.
[11] Vgl. Barbara Becker und Susanne Leputsch, Vegetation und Flora der Alten Schanzen, in: Heinz Wiesbauer, Herbert Zettel, Manfred A. Fischer und Rudolf Maier (Hg.), Der Bisamberg und die Alten Schanzen: Vielfalt am Rande der Großstadt, Wien 2011, S. 49-56.